"Autisten
sollen im Wachsen und Entwickeln auf dem Weg zu kompetenteren
autistischen Menschen unterstützt werden, anstatt sie zu nicht
autistischen Personen machen zu wollen."
[Jim Sinclair, Autist & Leiter des Autism Network International, 1998]
Dieser Satz hat mich sehr berührt und nachdenklich gestimmt. Er hat meine Auffassung von Menschen aus dem autistischen Spektrum nachhaltig verändert. Autistische Menschen möchten durchaus lernen, sich in der nicht-autistischen Welt zurechtzufinden. Dafür benötigen sie allerdings ein geeignetes Instrument, welches ihnen Orientierung bietet. Individuelle Hilfestellung ist hierbei unerlässlich. Durch abgestimmte Förderungen, sowie langfristiger Begleitung betroffener Familien lässt sich die Zukunft aller Beteiligten zufrieden gestalten.
Autismus ist nichts Bedauerliches oder Schlimmes; vielmehr ist es die Verachtung durch die Gesellschaft, sowie das fehlende Wissen der Mitmenschen über ASS, das Autisten den Alltag stark erschweren kann. ASS umfassen die ganze Person. Es ist eine besondere Weise zu denken, zu handeln und zu leben und von dieser authentischen Lebensweise können Nicht-Autisten eine Menge lernen. Ehrlichkeit, Direktheit, ausgezeichnetes Erinnerungsvermögen oder Detailbetrachtung sind nur wenige der zahlreichen Stärken, die ein Autist intuitiv beherrschen kann, ein Nicht-Autist aber nicht.
In unserer westlichen Welt wenden die Menschen oftmals viel Zeit dafür auf, sich auf bestimmte Weise zu verhalten, um einer vermeintlichen Ideal-Vorstellung zu entsprechen. Sie setzen situativ Masken auf, um ihre Rollen je nach Kontext perfekt zu erfüllen. Damit erhoffen sie sich, von anderen gemocht, gebraucht oder bewundert zu werden - alles zwischenmenschliche Bedürfnisse. Dafür sind sie manchmal auch bereit, zu lügen oder gar Freunde zu hintergehen - in der Hoffnung, sich in der sozialen Hierarchie oder vor sich selbst besser zu positionieren als andere.
Viele sozialen, ungeschriebenen Konventionen, wie man sich in der Gesellschaft und im täglichen Miteinander verhalten soll, erschliessen sich NTs (= neurotypische Nicht-Autisten) durch wiederholte Erfahrungen automatisch. Sie beobachten von Klein auf, wie man sich in der Öffentlichkeit benehmen soll, wann es angebracht ist zu lächeln oder eben nicht oder warum gewisse Gesprächsthemen nicht mit Jedermann diskutiert werden sollen. Dadurch funktioniert das gesellschaftliche Zusammenleben und es hilft den Menschen, ihre scheinbar perfekte Welt aufrecht zu erhalten, nicht anzuecken und ihren täglichen Kampf um Anerkennung weiterzuführen. Doch was, wenn es nicht gelingt, diese ungeschriebenen Regeln intuitiv zu erfassen? Was, wenn keine Masken zur Verfügung stehen oder ein Mensch diese nicht anziehen möchte, weil er lieber zu jeder Zeit sich selbst sein will? Wenn zwischenmenschliche Beziehungen zwar bedeutsam, aber nicht alles beherrschend sind? Dann befinden wir uns im autistischen Spektrum.
Gelingt es den Mitmenschen, Autismus als besondere Form der menschlichen Persönlichkeit zu anerkennen und gegenseitig die Eigenschaften des anderen zu tolerieren, kann eine Annäherung beider Seiten erfolgen, wodurch sich beide bereichern und voneinander lernen können
Einige bedeutsame Persönlichkeiten der Vergangenheit, wie auch gegenwärtige Berühmtheiten zeigen Auffälligkeiten, die auf eine Autismusspektrumstörung schliessen lassen. So sind sich Fachleute einig, dass der weltbekannte Physiker Albert Einstein vermutlich an Asperger Syndrom litt. In Gesprächen konnte sich Einstein nur unzureichend verständlich ausdrücken. Vorlesungen, die Einstein gehalten hatte, seien Berichten zufolge sehr wirr oder sogar unsinnig gewesen.
Auch der extzentrische Physiker Isaac Newton war nach Meinung von Wissenschaftlern ein Mensch mit autistischen Zügen. Newton interagierte kaum mit seinen Mitmenschen, hielt angeblich Vorträge in leeren Sälen und sei mit seinen wenigen Freunden forsch umgegangen. Der dritte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Thomas Jefferson, war angeblich ebenfalls ein Mann mit Autismus.
Überdurchschnittlich viele Personen in Technologieunternehmen zeigen autistische Auffälligkeiten, insbesondere in den Bereichen Mathematik, Wissenschaft und IT. Der Microsoft-Gründer Bill Gates und sogar der erfolgreiche Regisseur und Filmproduzent Steven Spielberg könnten mit gewissen Persönlichkeitsmerkmalen im Bereich des autistischen Spektrums angesiedelt werden.
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